Montag, 31. August 2015

Schrei nach Liebe – Geschichten aus dem Jobcenter V



Nach unserem morgendlichen Stuhlkreis, wo jeder der 10 Teilnehmer von den Bemühungen und Frustrationen seiner Woche erzählen durfte, forderte uns die Jobcoachin dazu auf alle Begriffe zum Thema Arbeitslosigkeit zu notieren. „Machen sie ein Brainstorming. Zensieren sie sich dabei nicht. Und damit sie sich auch sicher fühlen, verlasse ich jetzt den Raum.“ Sie zwinkerte uns zu und verabschiedete sich mit den Worten, dass sie in 5-10 Minuten wieder bei uns sei.  

     
Nach den ersten Beteuerungen, dass die eigene Handschrift ja ganz furchtbar sei, erbarmte sich schließlich ein Teilnehmer den ganzen Kram aufzuschreiben. Mit großen Buchstaben schrieb er ARBEITSLOSIGKEIT auf ein Stück Papier und malte einen Kreis darum. Als sich der Kugelschreiber wieder vom Blatt gelöst hatte, herrschte für einen Augenblick lang Stille. Dann plötzlich sprudelte es aus den Leuten hervor. Begriffe und Assoziationen wurden in den Raum geschleudert. Nichts war neu. Nichts war besonders überraschend. Es fielen Worte wie „kaum Geld“, „Abhängigkeit“, „Verlust des Selbstwertes“, „Mangelnde Planbarkeit für die Zukunft“, „Unsicherheit“, „Stetiger Abbau der eigenen Kenntnisse und Fähigkeit“, „Nutzlosigkeit“. Ich kann diese Liste noch beliebig fortführen. Eine blonde Frau, so Mitte Vierzig, die mit gedrückter Miene und traurigen Augen in die Runde blickte, merkte an, dass sie sich wie ein Schmarotzer fühlen würde. Ich fragte zurück, warum sie ausgerechnet dieses Wort wählen würde. Sie begann sich etwas zu zieren. Offensichtlich war es ihr so unangenehm, dass sie es nicht einmal in einer Runde von Menschen auszusprechen wagte, die in genau der gleichen Situation steckten wie sie. „Naja“, begann sie vorsichtig, „wir leben auf Kosten des Staates und tun nichts dafür. Das denken doch alle – also, dass wir faul rumliegen. Man fühlt sich irgendwann nur noch nutzlos und gehört irgendwie auch nicht mehr dazu.“ 


„Aber bemühst du dich denn nicht? Und ist Hausarbeit und dergleichen keine Arbeit, nur weil du kein Geld dafür bekommst? Nur weil es keiner zu der Arbeit! auserkoren hat?“  Die Frau nickte verhalten, als ob sie ein bisschen Angst davor hätte diesen Gedanken zu zulassen. Schließlich fügte sie hinzu: „Außerdem verblödet man langfristig ohne Arbeit. Man bekommt gar nichts mehr mit und hat abends zuhause auch nichts mehr zu erzählen.“ Einige Teilnehmer nickten zustimmend. Ich sparte mir eine Reaktion auf diese Aussage. Doch innerlich dachte ich, dass es auch Arbeit gibt, bei der man langfristig verblödet, weil sie einen vom echten Leben abhält. Auch habe ich immer genug am Abend zu erzählen. Ich kann lesen, hinausgehen, mich bilden. Ich verstehe, dass diese Frau sich wertvoll und als Teil der Gesellschaft fühlen möchte. Aber ich denke, dass die Arbeitslosigkeit nicht nur schlechte Seiten hat, so wie die Arbeit auch nicht nur Gute. Diese Phase kann auch eine Gelegenheit zur Neuorientierung, Weiterbildung oder einfach auch nur zur Muße sein. Das Hamsterrad anhalten und sehen was ist. Natürlich funktioniert das nicht an jedem Tag gleich gut und manchmal möchte man diesen Zustand einfach nur endlich beenden und mit einem anderen Abschnitt des Lebens weitermachen.
Entsprechend irritiert reagierte dann auch die Gruppe, als ich zum Thema ARBEIT, zu welchem wir dann anschließend auch noch ein Brainstorming durchführen sollten, anmerkte, dass Arbeit auch Stress und Mühsal bedeuten kann. Zuerst wurde es notiert, doch dann beschloss die Gruppe diesen Begriff wieder zu tilgen. Ein Mann, Anfang fünfzig amüsierte sich sogar regelrecht darüber. „Mühsal, was für ein lustig Wort. So schlimm ist es doch auch wieder nicht.“ Dann kennt er nicht die Leute, die ich kenne und die sich täglich abrackern. Aber gut. Letztlich waren sich alle Teilnehmer einig, dass Arbeit durchgehend ein positiver und erstrebenswerter Zustand ist. Auch die Augen unserer blonden Mitvierzigerin leuchteten wieder auf. Seelig schwelgte sie in der Sehnsucht nach einem Job. Dort wo Anerkennung, Wertschätzung und die verloren gegangene Liebe einer ganzen Gesellschaft auf sie warteten, wenn sie sich nur genug bemüht. 

Einen Happy Monday euch allen.

Mittwoch, 26. August 2015

Wer die Schule mag, ist verloren


Ich kann es nicht nachvollziehen, wenn Leute sagen, dass sie eine schöne Schulzeit hatten und sie vermissen. Ich glaube, nur alte Mobber und bis ins Mark angepasste, angebiederte und langweilige Personen können von Herzen sagen: „Ich habe meine Schulzeit genossen“. Und die damit nicht nur die verhältnismäßig angenehme Grundschulzeit meinen, sondern auch die weiterführende Schule. 

Leute, die sich ganz selbstverständlich Autoritäten unterordnen und diese niemals (manchmal in ihrem ganzen Leben nicht) hinterfragen. Leute, die von der Mehrheit gemocht werden, weil sie keine Reibungsfläche bieten und nur Position beziehen, wenn sie sich der Zustimmung sicher sind. Leute, die sich gerne allzu früh von ihrer Kindheit verabschieden, um in das große Leistungshamsterrad einzusteigen, dass sie noch ihr gesamtes Erwachsenenleben begleiten wird. Weil ihnen gesagt wurde: wenn du dich anstrengst, wartet später das gute Leben auf dich. Disziplin, Gehorsam, Fleiß und Anpassungswille kaufen dir deinen sicheren Platz an der Sonne. Das willst du doch, das will doch jeder. Du muss JETZT on point sein, damit du jemals was wirst. Damit du jemals was erreichst in deinem Leben. Damit du irgendwann glücklich werden kannst.

Mich konnten solche Parolen, explizit oder implizit geäußert, kaum bei der Stange halten. Was interessierte mich, was „die da“, die unsichtbaren und unbekannten Arbeitgeber der Zukunft, von mir wollen? Während sich meine Mitschüler schon auf ihr zukünftiges Leben als schwer beschäftigte und gutverdienende Eventmanager, Psychologen und Werbekauffrauen gefreut und eifrig vorbereitet haben, hatte ich beruflich gesehen überhaupt keine Träume, geschweige denn Pläne. Es galt nur, dem Gefängnis Schule, dass mich so viele Jahre körperlich und geistig gefesselt hatte, endlich den Rücken kehren zu können.

Ich gebe zu, dass es Momente gab, in denen ich mein gesellschaftliches und soziales Außenseitertum verfluchte und mir nichts sehnlicher wünschte, als ein durchschnittliches, unbedachtes, hoffnungsfrohes, angepasstes Mädchen mit guten Noten und vielen Freunden, die genauso nichtssagend sind wie ich, zu sein. Es wäre auf diese Weise so viel einfacher gewesen. Aber ich denke: es ist ein sehr schlechtes Zeichen für die eigene Persönlichkeitsentwicklung, wenn man das System Schule ernsthaft und genuin cool findet und KEIN laternenbastelnder Drittklässler ist.



Donnerstag, 20. August 2015

Zuhälter und ihre Putzfrauen - Schöne, neue Arbeitswelt



Neulich durfte ich folgendes Gespräch zwischen zwei jungen Frauen Mitte, Ende zwanzig mitverfolgen:

Dame 1:     Ich suche zurzeit eine günstige Reinigungskraft. Hast du nicht mal Hepling für deinen Blog zum Testen bekommen? Kannst du die empfehlen?

Dame 2:     Ja, ich war aber nicht so zufrieden. Die haben nicht so ordentlich sauber gemacht. Den Helpling kann man sich nicht mal aussuchen.

WTF?! Ich habe fast Schnappatmung bekommen. Den Helpling kann man sich nicht aussuchen?! Helpling? Das sind keine Heinzelmännchen aus dem Märchenland, du gedankenlose Zicke.

Helpling ist mir ohnehin schon lange ein Dorn im Auge. Für diejenigen, an denen die hochgradig aggressive Werbung auf Plakaten und im Netz bisher vorbei gegangen ist: Helpling ist eine Internetvermittlungsplattform für Reinigungskräfte. Nein, es ist kein Reinigungsunternehmen. Auf den ersten Blick war mir der Unterschied auch nicht klar. In einem Unternehmen wären die Kräfte angestellt und hätten gewisse Arbeitnehmerrechte, wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, ein festes Gehalt, Urlaub etc. Helpling bietet aber nichts dergleichen. Gleichzeitig rühmt sich Helpling, die Reinigungskräfte aus der Schwarzarbeit zu holen, diese edlen Samariter.
Eine Stunde kostet dem Endabnehmer 12,90 €, von denen 20 % an den Vermittler Helpling gehen. Also 2,58 € für Akquise und Abrechnung. Kein Job, bei dem man sich die Hände schmutzig macht. Der restliche Betrag bleibt Brutto für die Putzfrau, die als Selbstständige mit allen Risiken arbeitet.
Aber Hallo?! That’s the future! Wer da nicht mitmacht ist rückständig und unflexibel. Ist doch toll so unabhängig und selbstständig zu arbeiten.
Und wer hat diese schöne neue Arbeitswelt zu verantworten? Fette, alte Kapitalisten in Nadelstreifenanzügen und Zylindern? Nein. Die dynamische, visionäre Generation Y. BWLer, flott um die dreißig, männlich, mit hochgekrempelten Hemdsärmeln, die wir auf jeder Studentenparty früher belächelt haben. Skrupellose Internetkapitalisten, die mit ein paar Klicks auf Kosten anderer das große Geld scheffeln. Für mich sind die nichts weiter als Zuhälter.
Helpling gehört zu Rocket Internet. Dabei handelt es sich um ein Internetunternehmen, das zahlreiche Start-Ups unter sich vereint, wie etwa Hello Fresh (die nicht minder aggressiv in Düsseldorf werben), Home24, Westwing, Glossybox etc. Auch Zalando gehört teilweise dazu. Herrscher über dieses Imperium sind die Samwer Brüder. Kennt ihr nicht? Noch nie gehört? Diese Namen solltet ihr euch aber unbedingt merken. Schließlich sollte man die Namen jener Männer doch kennen, die sämtliche Arbeitnehmerrechte und soziale Standards langsam unterhöhlen und dies als die große Revolution in der Arbeitswelt verkaufen.
Vielleicht werde ich in einem anderen Post noch einmal gesondert auf die Samwers eingehen, wobei mir mein Freund davon abgeraten hat, weil er Schiss hat, dass die mich sonst verklagen.

by preussischer Widerstand

Dienstag, 18. August 2015

Die Langeweile tötet dich.


Schon sehr früh verstand ich, was der wahre Fluch des Lebens ist. Der wahre Fluch des Lebens ist weder die Arbeit, noch die Sinnlosigkeit des Daseins, nicht einmal der Schmerz oder die Krankheit: der wahre Fluch des Lebens ist die Langeweile. Nur wer die Langeweile bezwingt, lebt. Nur wer es schafft, etwas anderes zu tun, als die Zeit totzuschlagen, verdient es, zu sagen: "Ich habe gelebt" . 


Vladimir in: "El corrector", Ricardo Menéndez Salmón, Übers. Pasota

 

Donnerstag, 13. August 2015

Für die gute Sache. Ehrenamt. Hot or not?



Angestrengt sitze ich da. Ich will was für den Blog schreiben. Voller Eloquenz, Witz und Wahrheit. Aber mal ehrlich: Liest das hier überhaupt wer? Haben meine Worte irgendeine Relevanz? Ach ja, ich vergaß, ich mache das hier ja nur für mich selbst. Aber dann könnte ich auch in mein Tagebuch schreiben, im gut geschützten Elfenbeinturm, in der Dachkammer meines Kopfes. Diesen paradoxen Zustand kann ich für mich noch nicht einordnen. Schließlich bin ich nur irgendein Blödmann, der, wie viele andere, seinen Sermon ins Netz kotzt.
Wahrscheinlich wäre es wesentlich besser sich in irgendeiner Organisation zu engagieren und ginge es nach meiner Jobchaochin müsste ich mich noch heute ehrenamtlich bei Oxfam melden. Schließlich macht sich das geil im Lebenslauf. „Sobald sie einen Job haben, geben sie das natürlich wieder auf. Dann ham se ja keine Zeit mehr dafür.“
Mal davon abgesehen, dass ich Oxfam sowieso misstraue, seit ich in deren Jahresbericht gelesen habe, wie viel Kohle die Chefetagen bekommen, tue ich mich seit jeher unglaublich schwer mich für eine gute Sache zu entscheiden. Dies liegt nicht zuletzt an meiner Erziehung. Ich stamme aus einem Elternhaus, in welchem selbst die Teilnahme an einer Demo gegen Studiengebühren als ziemlich suspekt galt. Meine liebe Mutter sagte immer zu mir: „Kind, lauf niemals in Gruppen mit. So hat es bei den Nazis auch angefangen.“ Also wurde ich zum lonely Wolf, mit der großen Sehnsucht nach Anschluss an eine größere Gruppe für eine gute Sache. Doch welche Sache verdient dieses Prädikat „Gut“?

Tafel? Oxfam? Amnesty International? Ich finde den Haken!

Ich  kann da mittlerweile auch nicht mehr aus meiner Haut. Ich finde immer ein Haar in der Suppe. Als ich mich vor einiger Zeit mit der „Tafel“ beschäftigte, weil ich überlegte, ob dies gerade in meiner gegenwärtigen Situation was für mich wäre, kamen mir Zweifel. Ich las von Tafelmitarbeitern, die sich über die mangelnde Dankbarkeit der Armen echauffierten, weil diese keine Lust darauf hatten 2 Wochen nur Kohl und Nudeln zu essen. Mir kommt es nicht richtig vor, dass Menschen gar nicht entscheiden dürfen, welche Lebensmittel sie möchten, bzw. brauchen. Möchte ich ein System unterstützen, welches arme Menschen nur weiter stigmatisiert, während etwas wohlhabendere Leute sich im Rewe in Ruhe aussuchen dürfen, was sie möchten? Ich will nicht darüber bestimmen, was andere Menschen meiner Meinung nach essen dürfen, nur weil sie arm sind.  

via Pinterest


Auch Amnesty International geht mir mit seinen Ständen in der Stadt  total auf die Nerven. Ständig springen mich irgendwelche Studenten an, die in aggressiver Gorillamanier versuchen Schuldgefühle zu schüren. „Sie da in dem roten Mantel, wollen sie etwa den Menschen nicht helfen?!“ Ist wirklich eine super Sache, wenn ich durch einen Marketingstudenten dazu manipuliert wurde, mir jeden Monat 100 Euro aus der Tasche ziehen zu lassen, die ich gar nicht habe, nur damit er seine Provision bekommt, um davon sein Auslandssemester zu finanzieren.  
Vermutlich wäre ich auch kein Anhänger der 68er geworden, weil ich es absolut unzumutbar gefunden hätte, dass irgendwelche schleimigen Hornbrillenträger mir erklären wollen, mit wie vielen Männern ich zu schlafen habe, nur damit ich voll der emanzipierte Revoluzzer bin.  
Also, falls jemand irgendwas kennt, wo selber Denken erwünscht ist und die Leute locker drauf sind, darf das an dieser Stelle gerne mitgeteilt werden.

Donnerstag, 6. August 2015

"Negerprinzessinnen"-Ästhetik, oder: schwingende Schwänze unter Wasser


Leute, ich habe etwas total Perverses getan. Hauptsächlich um euch davon auf dem Blog zu berichten. Ich gebe zu, Neugierde, Langeweile und Faszination am Ekel waren auch ein Faktor. Ich habe abends den Fernseher angemacht. Ich habe RTL angemacht. Ich habe eine ganze Folge "Adam sucht Eva" geguckt. Ich fühle mich schrecklich und rede mir ein, dass das nötig war für meine persönliche Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, für meine Meinungsbildung, zumindest für interessanten Blog-Content. Doch es nützt alles nichts, sie haben mich gekriegt. Meine Aufmerksamkeit. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass Leute, die die stumpfesten Boulevard-Medien konsumieren und sich ihnen gleichzeitig überlegen fühlen, nicht besser sind als die Leute, die diese ganz unkritisch sehen. Weil diese Medien den vermeintlich Überlegenen GLAUBEN lassen er hätte sie durchschaut, dabei tut er genau das, was von ihm als Konsument erwartet wird, nämlich investieren in Form von Geld und Aufmerksamkeit. Aber nun ist es zumindest für mich zu spät und das Einzige, was ich noch tun kann, ist meine Eindrücke mit euch zu teilen.

"Adam sucht Eva- Gestrandet im Paradies" ist eine FKK-Kuppelshow. Auf einer einsamen Südseeinsel laufen mehr oder weniger notgeile Männer und Frauen nackt herum und suchen Partner für Geschlechtsverkehr und Beziehungen (Beziehungen, haha, natürlich). Ab und an wird die Besetzung durchgemischt und es kommen neue potenzielle Fickpartner auf die Insel und ersetzen die, die keiner haben wollte. 
Am heutigen Abend sind gleich drei neue Adams am Start. Jeder von ihnen kommt mit einem Paddelboot angeschwemmt. Ihre erste Amtshandlung ist es, sich auszuziehen und majestätisch ins Wasser zu gleiten. Unten wartet schon ein Unterwasserkameramann, der scheinbar ganz nebenbei (in der Einstellung "Nahe") die schlackernden Genitalien abfilmt. Noch bin ich befremdet, dass ich einfach so schlackernde Genitalien im Abendprogramm zu sehen bekomme. Auf dem Eiland warten schon die für RTL typischen dümmlichen Charaktere: Achi, ein österreichischer Gockel, der aussieht wie ein Backstreetboy, aber mal "wie ein richtiges Sexsymbol" wahrgenommen werden will. Heidi, eine langweilige Deutsche, zu der es nichts zu sagen gibt und allen voran die selbsternannte Inselkönigin Bahati, eine Poledancerin, die wirklich selten dämliche Sachen in die Kamera sagt (es klingt natürlich nach gescripteter Scheiße). 
Bahati ist schwarz. Und wird von RTL gleichermaßen unterschwellig wie liebevoll als "Negerprinzessin" von Taka Tuka-Land inszeniert. Selbstverfreilich traut sich nicht mal dieser verkommene Sender einen solch politisch inkorrekten Begriff zu verwenden. Stattdessen präsentiert er die Frau als exotische Karibikschönheit, die Blumen im Haar trägt, sich mit Kokosöl einreibt, auf Sinnlichkeit und starke Männer steht und sich von allen vier Adams umgarnen lässt. Die dröge, im wahrsten Sinne des Wortes blasse Hängetitten-Heidi steht daneben und hat das Nachsehen. Aber so eine Figur wird dringend benötigt im Script, um die Favoriten-Eva noch besser dastehen zu lassen und als Alibi für mögliche Exotismus- und Rassismusvorwürfe. 
Im Laufe der Sendung passiert nichts Relevantes; wie zu erwarten reden die Bewohner über Sex und Beziehungen. Ab und an essen sie ein paar Bananen in Hängematten. Noch kommt es zu keinen erotischen Handlungen, die Sendung braucht ja einen Spannungsbogen, um nicht nach den ersten Folgen in der Versenkung zu verschwinden. Die Folge endet damit, dass Bahati, die ihre Entscheidungsgewalt durch ein Strandspiel gewonnen hat, "Konkurrentin" Heidi und einen Adam, der ihr nicht genug bei den Haushaltsaufgaben mithilft, der Insel verweist. Achi weint, weil Bahati mit ihrem neu auserkorenen Lieblings-Adam (der nicht Achi ist) auf die sogenannte Liebes-Insel umzieht und er ihr nicht mehr wie ein Hündchen hinterherlaufen kann.

Was mich am meisten erschreckt ist die überaus kurze Zeitspanne, die RTL braucht, um mich abstumpfen zu lassen. Schon nach ca. 20 Minuten finde ich nichts Komisches mehr dabei, einem rotgebrannten, glänzenden, schlimm tätowierten Muskelpaket mit beschnittenem Schwanz und arg hängendem Sack dabei zuzuschauen, wie er mit Palmwedeln ein Dach deckt. Ich fange an, Sympathien und Antipathien gegenüber den Darstellern zu entwickeln. Ich fange an, mich mit Heidi zu identifizieren. Ich bin nicht immun. Eine skeptische Haltung gegenüber der Welt, mit einer Prise Bitterkeit, Zynismus und Abgeklärtheit, ist kein todsicherer Schutz vor der manipulativen Macht des Mediums. Selbst wenn ich vor dem Bildschirm sitze und über die vermeintlich dummen Leute im und vor dem TV lache. Am Ende lache ich mich immer selbst mit aus.




by Traumstraende.org





Montag, 3. August 2015

Was für ein zauberhafter Sommer??...


Ich muss euch enttäuschen, der Sommer ist keine „magische“ Zeit. Im Sommer ändert sich nicht euer Leben, ihr macht keine schicksalshaften Begegnungen und ihr habt auch nicht die „time of your lifes“. Das einzige, was anders ist, dass ihr ein paar Dinge tut, die man im restlichen Jahr nicht so gut machen kann. Ins Freibad gehen,sich in der Sonne braten, Eis essen, grillen, sich mit Freunden draußen betrinken, die Klassiker halt. Aber solche jahreszeitbedingten Aktivitäten gibt es auch im Frühling, Winter oder Herbst, nur dass diese nicht als Nonplusultra vergöttert werden. 


Im Sommer passiert nix Besonderes. Zumindest nicht für Erwachsene, die aus dem Sommerferienalter raus sind und keinen Hippie-Bully haben, mit dem sie spontan durch die Weltgeschichte reisen können. Da gibt’s 2-3 Wochen Urlaub im Warmen, einen Shoppingtrip in die nächste ausländische Metropole oder ein bis mehrere Festivalbesuche. Oh, und man kann endlich die „trendige Fashion für heiße Tage“ spazieren führen, die man schon Anfang März voll unbändiger Vorfreude gekauft hat.

Als Highlight werden in den Innenstädten größerer Kleinstädte und kleinerer Großstädte Pseudo-Ibiza-Partys veranstaltet; das heißt es wird Sand aufgeschüttet, dazu Planschbecken, Sonnenschirme und nicht zu vergessen die „Strandbar“ aufgestellt, an denen es überteuerte und vermutlich stümperhaft gemixte Cocktails gibt und die lokale DJ-Größe legt auf. Natürlich legendäre Events für die Einheimischen. 


Und diese ganzen Abläufe inklusive ihrer zahlreichen Höhepunkte zieht ihr jedes Jahr durch. Die gleichen Unternehmungen mit gleich gestrickten Leuten an ähnlichen Orten, wie das halt so ist mit Ritualen. Und ihr findet das immer wieder inspirierend, erfrischend und lifechanging?



Wirklich??



by echtlustig.com