Mittwoch, 15. Juli 2015

#flirtennachbravo



Man kann ja zum Feminismus stehen wie man will, aber ich finde, dass man nicht bestreiten kann, dass wir den Zustand der Glückseligkeit noch lange nicht erreicht haben. Sonst wäre es nicht immer wieder Thema. Nun sind die 100 Flirt-Tipps für Mädchen von 10 - 17 Jahren, die die Zeitschrift Bravo vor gut einem Monat veröffentlicht hat, Gegenstand der Diskussion.
Keine Ahnung, ob das schon wieder ein alter Hut in der Netzwelt ist und ich die Tausendste bin, die das jetzt auch noch durchkaut, trotzdem hat es mich (mal wieder) erheblich ins Grübeln darüber gebracht, wie weit es mit der Gleichberechtigung wirklich her ist.

Regel 20
Der Klassiker: Stolpere in Deinen Schwarm hinein. Entschuldige Dich überschwänglich bei ihm. Er wird Dich total niedlich finden, weil Du ein kleiner Tollpatsch bist. 

Die Quintessenz dieser Regeln lässt sich wie folgt herunter brechen: Du bist auf gar keinen Fall ok, so wie du bist, aber sei dabei natürlich und authentisch. Alles klar? Nun kann man einwenden, dass die Bravo doch eh keiner liest und wenigstens erwachsene Frauen reif genug sind, um dem ironisch gegenüber zu stehen. Doch erstens lesen dies Mädchen, die einmal die Frauen von morgen sein werden und zweitens werde ich irgendwie dieses Gefühl nicht los, dass dieser Appell sich anzupassen, sich auch durch andere Bereiche meines Lebens zieht. Ach ja, als Bewerber bei Firmen.

Regel 39
Nur laute Girls fallen auf? Stimmt nicht. Wer sich ruhig verhält, wirkt geheimnisvoller und damit interessanter auf Jungs.

Wobei ich mich tatsächlich frage: Entwickeln wir uns zurück oder sind diese Dinge nie wirklich weg gewesen und ich hab‘s nur lange gar nicht geschnallt, weil ich echt geglaubt habe, dass wir uns als Gesellschaft zu mehr Gleichberechtigung hin entwickeln.
Der besagte Appell zielt darauf ab, sexy, aber nicht zu sexy, süß, niedlich, ein wenig tollpatschig, geheimnisvoll und auf gar keinen Fall zu laut zu sein. Das Ziel ist Aufmerksamkeit. Das eigene Verhalten bewegt sich dabei in einer sich vollkommen widersprechenden Bandbreite, dass niemals, aber auch niemals die eigene Persönlichkeit widerspiegeln oder auch nur streifen darf. Das mögen Jungs nicht. Am besten man, bzw. girl beschränkt sich sowieso vollkommen darauf seine Aufmerksamkeit über das eigene Aussehen zu erzeugen.

Regel 57
Imitiere seinen Style! Dein Schwarm trägt am liebsten Grün? Zieh dir auch grüne Sachen an. Die stechen ihm viel mehr ins Auge als andersfarbige Teile.

Weshalb ist Aufmerksamkeit wichtig? Merke: Damit du nicht unsichtbar wirst.  Dies steht tatsächlich in einer der Regeln und bedeutet meiner Meinung nach nichts anderes als: „Pass auf, dass du keine alte Jungfer wirst, die keiner will.“ Die gelten nämlich als komisch und verschroben. Und schwubs sitzen alle Mädchen und Frauen mal wieder in der alten Falle, dass sie nur was wert sind, wenn sie von anderen gesehen werden.
Und wer jetzt immer noch glaubt, dass dies nur so in der Bravo steht und auch gar nicht weiter von Interesse ist, der sollte sich mal Frauenmagazine oder meinetwegen auch Herrenmagazine mit einem kritischen Auge zu Gemüte führen. Im Grunde steht dort genau dasselbe drin, nur vielleicht nicht so plakativ und überzogen. Und wer noch einen Bewerbungsratgeber zuhause hat – dieser tut es ganz genauso gut. Nur, dass sich da kein Geschlecht im Speziellen diskriminiert fühlen muss, weil nämlich beide klein gehalten werden.

Jetzt mal ein paar Regeln von mir:

Regel 1
Hört auf Menschen in Schubladen zu stecken. Das blockiert und hält einen davon ab, zu sehen, was wirklich ist.

Regel 2
Hört auf zu glauben, dass ihr genau wisst, wie alle Frauen und alle Männer auf dieser Welt sind, was sie denken, wie sie ticken.

Regel 3
Behandelt euch gegenseitig so, wie ihr auch behandelt werden wollt.

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