Donnerstag, 21. April 2016

Stuckrad-Barre ist zurück...

  
via Rheinische Post 

...und er liebt ihn immer noch, den großen Auftritt. "Bumping Ben" ist nach einem fünfzehnjährigen Tief wieder auf der Bildfläche erschienen und zwar mit nicht weniger als einem autobiographischen Bestsellerroman mit dem Namen  "Panikherz". Vor einigen Tagen kam er dann ins ausverkaufte Zakk in Düsseldorf, um vor knapp 400 Leuten, die schon sehnsüchtig auf Neuigkeiten vom gefallenen und phönixartig wiederauferstandenen Popliteraten der späten 90er/frühen 2000er warteten, zu lesen. 

Die Eckdaten seiner Karriere und vorallendingen seiner Verfehlungen dürften Dank einer ausführlichen medialen Aufbereitung noch Einigen in Erinnerung sein. Auf's allerkürzeste heruntergebrochen: Anfang 20 riesige Erfolge als Schriftsteller und Musikjournalist, Ruhm, große Klappe, Shitstorms, Bulimie, Kokainsucht, Alkoholmissbrauch, zahlreiche gescheiterte Klinikaufenthalte und Therapien, immer dabei das musikalische Idol Udo Lindenberg, der letztendlich auch die Rolle des Retters einnimmt.

Nun hatte er nach 9 Jahren des clean-Seins die nötige Energie und Ordnung im Kopf, um alles, was zwischen Geburt und Gegenwart geschah, auszuformulieren. Und das, ohne einen prätentiösen oder larmoyanten Ton anzuschlagen. Noch immer weiß Stuckrad-Barre seine Leserschaft mit scharfsinnigen, ironischen, klugen und lustigen Betrachtungen zu begeistern; auch wenn es diesen mittlerweile an dem für BvStB eigentlich charakteristischen bitterbösen Zynismus (den ich in seinem Erstlingswerk "Soloalbum" so liebe) fehlt. Eine Vielzahl an Songzitaten, Anekdoten aus dem Showbiz und kulturellen Intertextualitäten verhindern, dass der Autor mit seiner bisweilen wirklich sehr dramatischen Lebensgeschichte in einen mitleiderregenden Betroffenheitsduktus abgleitet, der das Buch wirklich peinlich gemacht hätte.

Vorgestern Abend versprühte er, als wäre es nie anders gewesen, seinen liebenswerten Charme und nahm sich im Anschluss Zeit für persönliche Gespräche mit Fans. Und die Stagediving-Aktion im bestuhlten Saal ließ er sich natürlich nicht nehmen. Wir seien ja schließlich nicht bei Durs Grünbein im Goethe-Institut.


Sonntag, 17. April 2016

Ist Scheiße vegan?



Deutsche Jugendliche leben immer gesünder. Sie rauchen weniger, trinken weniger, rennen fünfmal die Woche ins Fitnessstudio und ernähren sich von Chiapudding und Erdmandelmehl. Spätestens Anfang 20 wird dann nur noch vegan gegessen. Mich ödet das so an.
Ja, ich gebe es zu. Auch ich habe so eine Phase hinter mir. Etwa 1 Jahr   lang habe ich mich mit 20 vegetarisch ernährt. Irgendwann  habe ich dann wieder angefangen Fleisch zu essen, aber nie wieder in den Mengen, wie ich es von zuhause her kannte. Diese Reduzierung meines Konsums ist mir aber auch nicht schwer gefallen, da ich wirklich gerne Gemüse esse und oft auch keine Lust auf Fleisch habe.
Prinzipiell habe ich auch  nichts gegen vegane Ernährung. Da ich alles Mögliche gern esse, bestelle ich mir auch dann und wann gerne einen Veggieburger oder probiere ein veganes Kuchenrezept aus. Why not?
Trotzdem provoziert dieser ganze, fast religiöse Hype um vegane Ernährung bei mir oft nur Augenrollen.

via Pinterest

Deshalb stelle ich heute meine Top 6 an Aussagen vor, die mich von, wohlgemerkt Hardcore-Veganern nerven:



1.    Vegane Ernährung ist gar nicht teurer

Nö, natürlich nicht, wenn man sich nur von Gemüse und Obst ernährt. Wobei – Obst und Gemüse stammen dann in der Regel natürlich nicht aus dem Discounter. Schließlich muss ja alles Bio sein, wenn man es konsequent betreiben will. Denn letztlich ist das nicht nur eine Ernährungsweise, sondern eine komplette Ideologie. Aber dazu später. Ansonsten sind vegane Fertigprodukte, wie Tofu, Käse oder Mandelmilch sehr wohl teuer. Ich möchte wetten, dass eine Familie mit Hartz IV vermutlich nicht streng vegan essen wird, da ein 10 Euro teures Glas mit Mandelmus eher nicht so ins Budget passt. Eine junge Studentin, die sich Tag für Tag durch das Kayla Itsines Sportprogramm quält und glaubt, sich dazu noch vegan ernähren zu müssen, kratzt sich das Geld wahrscheinlich schon eher zusammen. Diese Mädels haben aber auch noch die Zeit sich den ganzen Tage nur mit sich selbst und ihrem Körper zu beschäftigen. Schließlich geht es neben dem Schutz der Tiere auch um Selbstoptimierung.


2.    Vegane Ernährung ist super easy

Wo ist es denn bitte einfach sich vegan zu ernähren? Wo wir wieder bei Punkt 1 wären. Ich esse gerne abwechslungsreich und möchte nicht ausschließlich gedünstetes Gemüse essen. Das geht wahrscheinlich wirklich schnell. Doch wenn ich mich abends nach der Arbeit noch in die Küche stellen muss, um mir ein veganes Bananenbrot mit veganem Frischkäse komplett selbst her zu stellen, finde ich das nicht gerade schnell gemacht. Schließlich kann ich dann nicht mehr in die Betriebskantine oder zum Bäcker in der Mittagspause gehen, wenn ich nicht jeden Tag Salat ohne Dressing essen möchte.
Aber hey. Ist ja wieder alles nur eine Frage der Organisation, werden die meisten sagen. Diese Veganhipster, die morgens um 5:30 Uhr Yoga machen, weil es so erfrischt, um dann um 6:30 Uhr an ihren Startups basteln. Ein bisschen Disziplin kann man schon erwarten, oder?

3.    Vegane Ernährung ist gesund

Naja. Kommt vermutlich darauf an, wie man es persönlich umsetzt. Aber wenn ich in veganen Shops das Angebot an Vitaminpräparaten sehe, schätze ich mal, dass einige Veganer aus Ermangelung an Lust und Zeit ihre Ernährung mit solchen Produkten ergänzen müssen. Die Tabletten sind natürlich ohne Schweinegelatine hergestellt, versteht sich. Super vegan also.
Healthy ist das neue Modewort. Vegane Produkte suggerieren diese Gesundheit. Dabei macht es mich nicht gesund, wenn ich Weizengrassaft oder Dattelpralinen esse. Diesen Denkfehler machen die meisten Menschen. Sie glauben, wenn sie Tofu essen, werden sie hundert Jahre alt. Ganz so, als besäßen diese Lebensmittel Zauberstoffe, die sie unsterblich machen. Das Motto vieler lautet dann: Viel hilft viel. Aber wenn ich mich den ganzen Tag mit Gojibeeren und Bananen vollstopfe, kriege ich höchstens Verstopfung.
Außerdem sind gerade vegane Fertigprodukte so voll von Zucker und Fett, dass ich mich frage, was daran gesund sein soll. Neulich habe ich eher aus Versehen bei Rossmann eine vegane Nougatschokolade gekauft. Die war echt der Hammer. So lecker. Beim  Blick auf die Zutatenliste wurde mir aber schnell klar, dass die Tafel  im Grunde nur aus Zucker bestand.
Auch ist vegan auch nicht in jedem Fall lecker, wie einige schwärmerische Veganer immer vorgaukeln wollen. Sorry, aber ich habe Mandelmilch und auch Sojamilch probiert und sie schmeckt einfach nur scheiße. 



4.   Vegane Ernährung ist Lifestyle

Eigentlich hätte dies auf  meiner Liste Punkt 1 sein müssen, so sehr hasse ich diese Perspektive auf vegane Ernährung. Ich sehe in der Bahn öfter eine Oma mit einem „Go Vegan“-Anstecker an ihrer beigen Jacke. Dabei ist genau diese Frau überhaupt nicht die Zielgruppe des veganen Lifestyles. Veganismus  ist mittlerweile zum Kennzeichen des erfolgreichen, schönen und disziplinierten Menschen verkommen. Noch plakativer gesagt: Gesunde, schlanke Menschen gelten als gut. Fette, ungesunde Menschen als schlecht.  
Gesundheit ist damit auch keine Privatsache mehr. Jeder kann dir mittlerweile empört rein reden, wenn du genüsslich in deine Schweineohrchips beißen möchtest.
Zudem  schmücken sich die meisten Veganer gerne noch mit dem Gefühl der Überlegenheit, da kein Tier für ihr Mittagessen sterben musste. Vor zehn Jahren hat es noch ausgereicht Vegetarier zu sein. Da war man schon irgendwie besonders. Mittlerweile ist es noch nur die lahme Vorstufe zum eigentlichen Ziel, zu dem man sich aber noch nicht ganz durchringen konnte: Veganismus. Vegetarier sind unfertig und haben es nicht geschafft, allem Tierischen abzuschwören.
Vor 10 Jahren konnte meine Freundin, die sich vegetarisch ernährt, noch guten Gewissens sagen, dass sie dies tut, um Tiere zu schützen. Die meisten Veganer lächeln heute darüber nur noch müde.


5.   Vegane Ernährung als Challenge

30 Tage vegan. So oder so ähnlich kündigen Blogger oder Youtuber ihren Einstieg in vegane Ernährung an. Mir stellen sich da sämtliche Nackenhaare auf. Der Begriff der guten, alten Selbstoptimierung kommt in mir wie Kotze hoch. Kann ich das vielleicht als Zusatzqualifikation in meinen Lebenslauf schreiben? Wieder zeige ich allen um mich herum meinen Leistungswillen und mein Streben nach Perfektion. Ein perfektes Leben, einen perfekten Körper, eine perfekte Ernährung, nichts weniger sollten wir anstreben. Wie heißt es in einem Spruch, den ich öfter in letzter Zeit lese: „Excuses don’t burn calories.“


6.    Vegane Ernährung schont die Umwelt

In einem Zeitartikel beklagte sich eine junge Frau, dass es keinen vernünftigen veganen Wintermantel gäbe. Nach langem Suchen fand sie endlich einen aus irgendeinem Plastikmaterial.  „Und jetzt?“ dachte ich nach der Lektüre. „Ist das jetzt irgendwie besser?“ Gut, es muss ja nicht die mit Daunenfedern gefüllte Steppjacke, mit Echtfellkragen sein. Bin ich jetzt auch gerade kein Freund von. Aber hat man jetzt durch den Kauf von Plastikmüll irgendetwas gewonnen? 


Fazit: Jeder muss am Ende selber wissen, ob er vegan leben will. Ich rede da niemandem rein. Ein bewusster Umgang mit Ressourcen und Leben ist sicher nicht verkehrt. Trotzdem halte ich vegane Ernährung nicht für den Heilsbringer, der einer säkularisierten Welt neuen Sinn stiftet und die diffusen Sehnsüchte des Einzelnen nach Ruhe und Naturverbundenheit befriedigt.
So und jetzt freue ich mich auf mein veganes Kochbuch, welches meine Freundin mir hoffentlich bald zum Geburtstag schenkt.