Zurzeit stecke ich in einem
mehrmonatigen „Projekt“ vom Jobcenter. Bei der BA (Bundesagentur für Arbeit) verzichtet man bewusst auf
den Begriff „Maßnahme“. Sehr exklusiv und nur den motiviertesten Arbeitslosen
vorbehalten, werden dort im Jahr nur eine Handvoll aufgenommen. Vielleicht 30
oder 40 Leute. Das Ding nennt sich Betreuung aus erster Hand. Als meine Fallmanagerin
mich dort vor ein paar Monaten freudestrahlend auf die Warteliste gesetzt hat,
war mir gar nicht bewusst, welche Vorhölle dies auf dem Weg in die Arbeit
werden sollte. Sozusagen das Fegefeuer, das möglicherweise niemals endet.
Ehrlich gesagt, war ich auch ziemlich
überrascht, dass ich anscheinend noch so motiviert rüber komme. Vielleicht
hatte sie auch nur Mitleid mit mir. So ein armes Akademikerwürstchen muss doch
jetzt endlich mal untergebracht werden.
Im Erstgespräch zur Aufnahme in dieses „Projekt“
machte mir die Coachin dann schnell deutlich, dass ich das nicht passiv
absitzen könne und sie auch keine Skrupel hätte jemanden bei fehlendem Einsatz hinaus
zu werfen. „Für solche Leute sind dann andere Maßnahmen passender.“ Im
Klartext: Für die doofen Versager gibt’s dann das fünfte Bewerbertraining oder
den 1 Euro Job. Die Drohung klingt in mir nach und sie sollte auch nicht die
letzte sein. Trotzdem wurde ich aufgenommen, warum auch immer. Schließlich habe
ich schon lange keine Puste mehr.
Seitdem bin ich knapp 4 Wochen dabei und
komme mir vor wie eine der Modelkandidatinnen bei Germanys next Topmodel. Und die Coachin ist Heidi Klum. Total
angeknipst, wechselt sie von einem Moment zum anderen von der mütterlichen
Kummerkastentante zur harten Kapitalismusbitch. Zuckerbrot und Peitsche wie in
einem Borderline Alptraum.
Manchmal fühle ich mich wie eine Braut des Arbeitsmarktes. Wie
in der Bräuteschule von 1958. Mein Ziel: Die Verheiratung mit dem
Arbeitgeber. Das Dokument, das ich dabei unterschreibe ist der Arbeitsvertrag.
Viel Glück und eine lange Ehe. Sei fügsam, geduldig, fleißig und halte dann und
wann auch mal still, dann lässt sich dein Arbeitgeber vielleicht auch nicht von
dir scheiden. Kranke Arbeitnehmerbräute, die selbst denken und sich Überstunden
verweigern mag der Arbeitgeberehemann allerdings gar nicht. Eine gute Frau, äh,
Arbeitnehmerin sollte dankbar sein, dass der Arbeitgeber für sie sorgt, ihr ein
kleines Taschengeld gibt, damit sie sich ein paar schöne Kleider kaufen kann, damit
sie wieder ansehnlich für den Job ist.
Doch bis es soweit ist, muss sie erst mal
beweisen, wie willig sie ist. Sie muss lernen ihren Arbeitgeberehemann jeden
Wunsch von den Augen abzulesen und sich ganz in ihn einzufühlen. Natürlich
reicht es dafür nicht einfach das Anschreiben zum drillonsten Mal
umzuschreiben. Da muss man schon ein wenig an der eigenen Einstellung arbeiten.
Mach dich interessant, aber nicht so, als ob du den Job nötig hättest. Du bist
ja keine Hure. Doch wenn er Interesse zeigt, kann ein Lächeln nicht schaden. Überzeuge
ihn mit deinen fachlichen und persönlichen Komptenzen. Und ein wenig kommunikativer
geht es doch auch noch. Aber vergiss nicht. Dein Mann kann sehr launisch sein. Deshalb
formuliere bitte alles positiv und sei dabei immer fröhlich. Er beleidigt dich
nur, um dich zu testen. Das musst du schon ab können. Schließlich kann er sich
ja nicht jede Olle ins Haus holen.