Freitag, 9. Oktober 2015

Hassliebe Düsseldorf

Düsseldorfer Stadtdenkmal - diese Stadt wurde auf Mord und Totschlag gebaut



Ich beobachte folgende Szene. Eine große Kreuzung, menschenleer. Gemächlich fährt ein älterer Herr mit seinem klapprigen Rad darüber. Langsam kommt ein Auto heran gefahren. Der Fahrer reckt sich nach vorn um besser sehen zu können. Plötzlich hupt er den Radfahrer aggressiv an. Bäm! Da ist die Stadt, wie ich sie täglich erlebe.

Düsseldorf entspann dich mal.


Seit ich hier wohne verbindet mich mit dieser Stadt vorallendingen eins: Eine grandiose Hassliebe. Wäre Düsseldorf ein Typ – meine Freundinnen hätten mir längst zu Trennung geraten. Diese Stadt ist so ziemlich das komplette Gegenteil von dem, wo ich vorher gewohnt habe. Zuerst auf dem Land, schließlich fast acht Jahre in Münster, wo Fahrradfahrer ein selbstverständlicher Teil des Straßenverkehrs und die Tatortkommissare Börne und Thiel unsere Regionalhelden waren.
Seit fünf Jahren wohne ich mittlerweile in Düsseldorf und kann mich nicht entscheiden, ob ich diese Stadt hasse oder liebe.
An manchen Tagen denke ich: Es gibt hier absolut nichts Schönes. Überall Baustellen, Junkies und aufgespritzte Lippen, die einen nackten Dackel an der Leine führen. Was mich besonders nervt, ist diese notgeile Fixierung auf Konsum. Am Samstag ist die Stadt brechend voll von Menschen, die unter einem Wochenendausflug ernsthaft eine Shoppingtour über die Königs Allee verstehen.
Irritierend finde ich dabei diese Extreme. Da hockt der Penner, übersät mit Krätzen am ganzen Körper, der vor Müdigkeit und Erschöpfung immer wieder nach vorne kippt und in letzter Sekunde rechtzeitig wieder aufwacht, bevor er mit dem Kopf auf den Asphalt knallt und neben ihm geht die vollkommen in schwarz verschleierte Araberin mit Prada-Handtasche am Arm auf dem Weg in den Chanel-Store, der für sie anschließend extra geschlossen wird, damit sie in Ruhe shoppen kann.
Gestern Nachmittag war ich in der Altstadt in einer Kirche, weil ich neugierig war, wie sie von innen aussieht. Dabei habe ich es mir zur Angewohnheit gemacht immer eine Kerze anzünden, egal ob jüdischer Tempel oder griechisch orthodoxe Kirche. Ich mag den kontemplativen Moment und die Besinnung auf das Gute im Leben. Voller Güte und Zufriedenheit im Herzen zünde ich mir also eine Kerze an und plötzlich höre ich hinter mir diese Worte: „Ist ja klar. Mal wieder das schlechte Gewissen beruhigen, wa?“ Ich drehe mich um. Da sitzt die alte Schrapnelle, neben so einem Renterrollköfferchen in der Kirchenbank, völlig verschleimt von der ganzen selbstgerechten Gehässigkeit. Wortlos gehe ich weiter und ernte zum Abschied ein hämisches Lachen.

Wieder denke ich nur: Düsseldorf entspann dich mal.






Doch Düsseldorf entschuldigt sich immer auf seine ganz eigene Weise bei mir, auch wenn es mir niemals verspricht, dass solche Dinge nie wieder vorkommen. Zum Beispiel mit einem Herren, der am Nachbartisch im Cafe sich verschluckt und seinen Milchkaffee seiner Gesprächspartnerin komplett ins Gesicht und überall sonst hin sprüht. Aber Spaß beiseite. Ich bin immer noch ganz angetan von der Vielfältigkeit dieser Stadt. Düsseldorf hat praktisch zu jedem Land einen eigenen Festtag. Japantag, Frankreichtag, Chinatag. Ich liebe jeden einzelnen von ihnen und besuche sie immer wieder gerne. Auch gibt es hier Theaterfeste und viele schöne Cafés. Mein Lieblingscafé, in dem ich ungefähr einmal die Woche zu finden bin, ist eine griechische Bäckerei im griechischen Viertel am Hauptbahnhof. In der Regel ist sie immer voll und bietet Kuchen, der zum Niederknien ist. Und die Griechen verstehen es mal wirklich sich nach der Arbeit zu entspannen.


2 Kommentare:

  1. Na gut, ich wohne ja nun nicht direkt in D'dorf. Ist mir aber von den größeren Städten im Umkreis noch mit am Liebsten. Die Ruhrgebietsstädte finde ich ganz schlimm. Weißt du, die wo tausende Menschen krebsen müssen, groß von der Stadt "Kein Geld!! gejammert wird und gleichzeitig riesige Luxuskonsumtempel aus dem Boden gestampft werden. Hallo?! Aber es stimmt schon, wenn man nicht aus der Gegend kommt (ich kam von Ba-Wü), dann ist das alles und auch dieses ewige Hetzen sehr befremdlich. Ich habe am Anfang oft gedacht "Was ist das denn? Wo bist du hier gelandet?", bin jetzt aber auch schon um die 5 Jahre hier.

    Wo ist denn die Bäckerei (ich weiß auch nicht wo das griechische Viertel sein soll, so oft bin ich nicht da)? Ich muss Anfang November was in D'dorf erledigen und wenn die Kuchen schmecken wie sie aussehen werde ich an dem Tag da vielleicht Kundin.

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    1. Ich schicke dir mal den Link für die Bäckerei: http://www.byzantio-konditorei.de/ Ist wirklich ziemlich in der Nähe vom Bahnhof. Dort sind mehrere griechische Cafes, Bars, Reisebüros und Brautgeschäfte angesiedelt. Ich hoffe, ich kann dir damit weiterhelfen. Wenn du da bist, musst du, falls du Kaffeetrinkerin bist, unbedingt auch einen Frappe bestellen. Ist absolut typisch griechisch. Erzähl mal, wenn du da warst und wie es dir gefallen hat.

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