Mittwoch, 14. Januar 2015

Geschäftesterben - Ende des Konsumwahns?!



 

Ich bin Düsseldorferin. Nicht gebürtig. Nicht besonders lange. Ich wohne seit knapp 5 Jahren hier. Aus dem beschaulichen, gemütlichen Münster habe ich mich in die Landeshauptstadt gewagt. Es war nicht ganz freiwillig, doch meine Erwartungen waren groß an diese Stadt. Mein Bild entstammte den gängigen Klischees. Unglaublich reich und versnobt stellte ich sie mir vor. Gehetzte Businessleute in grauen Anzügen und dem Handy am Ohr, überschminkte Russinnen im Pelzmantel, schlecht gelaunte Stadtmenschen und eine Flut an Konsumenten, die die Geschäfte und Cafés bevölkert.

Selbstverständlich ist es nicht so schwarz-weiß. In mancher Hinsicht ist Düsseldorf sogar eine Stadt wie jede andere auch. Dennoch bemerkte ich schnell, dass die Schere zwischen Arm und Reich an manchen Stellen ganz schön stark auseinander klafft. Bis heute bin ich oft entsetzt wie vollkommen verelendet manche Obdachlose sind. Ich blicke in aufgequollene, zerschundene Gesichter. Menschen, die eingenässt auf einer Parkbank liegen. Man weiß nicht recht, ob man sie vorsichtig an stupsen sollte, um zu überprüfen, ob sie noch atmen. Gottseidank haben sie sich dann doch immer noch einmal kurz bewegt. Vor 2 – 3 Jahren sah ich sogar eine Frau, die sich mitten auf der Kreuzung Friedrichstraße und Grafenberger Allee erleichtert hat. Sie war jenseits von Gut und Böse. Bis heute geht mir diese Szene nicht aus dem Kopf. Die Würde des Menschen ist unantastbar,  heißt es im Grundgesetz. Aber wie ist es, wenn man sich selbst jeder eigenen Würde beraubt und was macht das mit den Umstehenden. Mich hat es noch sensibler gemacht für die Unstimmigkeiten in dieser Welt. 

Eine Frage, der ich dabei nachgegangen bin, war die Frage, wieviel Besitz braucht der Mensch, um glücklich zu sein. Nach dem Kaufverhalten mancher Düsseldorfer zu schließen, bekommt man oft den Eindruck, dass es unglaublich viel sein muss. Auch ich tappe manchmal in die Falle dieses Irrglaubens, wenn ich noch dieses hätte oder davon ein bißchen mehr, würde sich damit auch automatisch das Glücklevel steigern. Natürlich mache ich mir immer wieder schnell klar, dass es ein Trugschluss ist. 

Mein Freund und ich machen gerne lange Streifzüge durch die Stadt. Wir schauen, was es neues gibt und was uns inspiriert. Düsseldorf belegt laut Mercer-Studie 2014 im nationalen und internationalen Vergleich mit anderen Städten gute bis sehr gute Ergebnisse. Besonders was die Lebensqualität betrifft belegte sie sogar den sechsten Platz. Der Stadt scheint es insgesamt gut zu gehen und sie bietet wirklich sehr viel. Neben einer großen japanischen und der griechischen Gemeinde, die ich wirklich schätzen und lieben gelernt habe, gibt es Museen, Galerien, die Rheinpromenade, das wunderschöne Marionettentheater und vieles mehr. Doch für all diese Dinge braucht man häufig Geld. Man sollte meinen, dass es in solch einer reichen Stadt wie Düsseldorf nicht wirklich das Problem ist.

Laut dem Planungsamt/ Rahmenplan Einzelhandel 2007 der Stadt umfasst die Gesamtverkaufsfläche im Stadtgebiet 834.215 m². Besonders im Textilhandel und bei der Luxusbekleidung soll Düsseldorf führend sein. Die Königsallee ist berühmt. Täglich sieht man Menschenmassen, die sich da drüber bewegen. Shoppen bis die Brieftasche qualmt. Trotzdem drängte sich mir in den vergangen Monaten irgendwie ein anderer Eindruck auf. Plötzlich sah ich in den Schaufenstern statt Angeboten oder die neusten Trends nur noch Schilder mit der Aufschrift: „Wir schließen“. Irgendwann wurde es so auffällig, dass ich begann mir die Geschäfte zu notieren.

Innerhalb der letzten sechs bis acht Monate haben folgende Geschäfte geschlossen, beziehungsweise werden schließen:

  • Strauss Innovation
  • Kaufhof
  • Reno
  • Starbucks
  • Dulce
  • Jades Outlet
  • Jerry’s exclusive (Luxusschuhgeschäft)
  •  Pelzladen Feilitisch
  •  Edwards (Luxusschuhgeschäft)
  •  Nanu Nana
  • Bonita 
  • Esprit
  • Tally Weijl
  • Diverse Kleinläden, Sonnenstudio, eine Gärtnerei



Was soll einem das jetzt sagen? Sind das die ersten Vorzeichen für das Ende des Kapitalismus oder sind nur alle Leute aufs Onlineshopping umgestiegen. Wobei ich gehört habe, dass Zalando auch nicht wirklich schwarze Zahlen schreibt.

Nun kann ich wenigstens bei mir sagen, dass sich mein Konsumverhalten in den letzten Jahren tatsächlich reduziert hat. Ich habe gar nicht mehr dieses ausgeprägte Bedürfnis ständig neue Dinge anzuhäufen. Sicher habe ich hin und wieder den einen oder anderen Wunsch. Aber mir ist klar geworden, dass sich einige Dinge nicht mit Geld kaufen lassen. Beispielsweise Zeit und Muße für sich selbst und andere.

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